Treibgut und Textschnipsel

Der Tod betrifft uns alle

„Ist es nicht seltsam“, sage ich, „dass es im Frühling genauso nass und kalt und modrig ist wie im Herbst, es aber trotzdem anders riecht?“
„Ich finde das logisch“, sagt Adrian. „Seltsam wäre es doch eher, wenn es anders wäre. Im Herbst stirbt schließlich alles.“ Er sagt es ruhig, beinahe unbeteiligt.
„Warum geht es bei dir eigentlich immer um den Tod und nie um das Leben?“, frage ich.
Adrian sieht mich an. Seine Augen sind noch dunkler als sonst. Ich bereue meine Frage, aber nun ist sie gestellt und ich kann sie nicht wieder rückgängig machen. Ich atme tief durch und sehe an ihm vorbei. „Sollte das nicht bei uns allen so sein?“, erwidert er. „Schließlich ist der Tod etwas, was alle Menschen betrifft. Ist es nicht albern, so zu tun, als würde einen das nichts angehen? Nur weil man jung ist?“

– Angela Mohr: Vergiss nicht, dass du tot bist, Seite 149

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