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{Rezension} Der schottische Geist von Cassandra Winter

Rebecca ist sozusagen gestrandet. Nichts hatte sie sich sehnlicher gewünscht, als aus Deutschland und den angestaubten Zukunftsvorstellungen ihrer Eltern herauszukommen und sich ihren sehnlichsten Traum zu erfüllen: glücklich verheiratet in England zu leben. Den passenden Prince Charming hatte sie in Edward auch schon gefunden. Nur ist in der Realität nicht immer alles Gold, was glänzt. Für ihren Verlobten war sie eher eine Sekretärin, geheiratet hat er sie auch nicht, dafür durfte sie seine Recherchen erledigen, während er den Ruhm der geschriebenen Artikel einheimste. Zu guter Letzt wurde Rebecca durch eine hübschere, französischere Version ersetzt. Ohne Mann, Wohnung und fast pleite greift sie nun nach dem letzten Strohhalm und wird Geisterjägerin bei einer jungen, dynamischen Agentur. Der erste Auftrag führt sie und ihre neuen Kollegen direkt auf eine bespukte schottische Burg.

Rezension

Wie das Cover vermuten lässt, handelt es sich bei dem Buch um Chicklit – allerdings eines mit weniger Humor und dafür mit einem Hauch Schauerroman. Dem entsprechend zeichnet der Beginn der Geschichte schon ein recht klischeehaftes Bild – sehr englisch, sehr verträumt. Rebecca wird vorgestellt als ziemlich naive und auch recht weltfremde junge Frau. Ich fand das sogar ein bisschen niedlich und dachte mir, dass gerade diese Wesenszüge sehr viel Potenzial für eine Entwicklung bieten würden.

Sehr schnell führt die Autorin auch den Großteil ihres weiteren Personals ein. Bei jedem Charakter war zu spüren, dass er mit viel Liebe erdacht wurde. Jeder war ein wenig eigen, um nicht zu sagen: etwas schrullig. Aber bei all der liebevollen Gestaltung hat mir doch eines ganz besonders gefehlt: die Ecken und Kanten. Alle Figuren waren so glattgefeilt, dass man sich einfach nirgends reiben konnte. Alle waren immer irgendwie nett zueinander, selbst wenn sie sich nicht so richtig riechen konnten. Echte Konflikte gab es dadurch keine. Selbst der Geist, der so etwas wie der Antagonist sein sollte, bot kein Konfliktpotenzial. Er war ein bisschen tragisch, ein bisschen traurig, ein bisschen böse, ein bisschen unverstanden – aber doch nicht mehr.

Nun kommt jedoch für mich das ganz große Aber an diesem Buch. Bei einem Debüt kann man schon darüber hinwegsehen, wenn Plot und Figurenentwicklung noch nicht ganz so perfekt sind, finde ich. Es gibt aber eine Sache, über die ich bei der besten und wohlwollendsten Kritik leider gar nicht hinwegsehen kann: Das sind Rechtschreibung, Interpunktion und inhaltliche Stimmigkeit. Wenn jemand ein Buch in Eigenregie veröffentlicht, dann ist es meiner Meinung nach seine Pflicht, dafür zu sorgen, dass er seinen Lesern ein ordentlich korrigiertes und lektoriertes Buch serviert, wenn sie dafür auch noch Geld bezahlen sollen. Es ist kein Weltuntergang, wenn man mal einen Fehler findet. Das ist auch in Verlagsbüchern so. Leider war dieses Buch in dem Punkt einfach eine Katastrophe: Rechtschreibfehler, falsche Wörter und eine Kommasetzung, die jeder Logik entbehrt. Am Schlimmsten war dann aber eine ganze Passage, in der die Figurennamen verwechselt wurden. Für so etwas kann ich beim besten Willen kein Verständnis aufbringen. Das hat mir dieses Buch so richtig verhagelt. Ich würde dringend raten, das Buch von einem Fachmann / Fachfrau überarbeiten zu lassen. Ebenso wie den Schreibstil zu schleifen: Die Nebensätze mit Partizip nicht mehr ertragend, wollte ich das Buch irgendwann fast abbrechen. Doch die Autorin, jene Konstruktion offenbar heiß und innig liebend und diese daher auch inflationär gebrauchend, hatte sich wohl auf diese antiquierte Schreibe versteift. Leider.

Dennoch – und das ist wohl ein Lob wert – habe ich mich bei der Geschichte nicht gelangweilt, denn trotz allem  hat es die Autorin doch geschafft, mich für ihre eigenwilligen Charaktere zu interessieren. Ich wollte wissen, wie es ausgeht, was mit den Figuren noch geschieht, wohin sie sich wohl entwickeln werden. Ich denke sogar, dass ich einem weiteren Buch über die Geisterjäger der Windfall Agency eine Chance geben würde (sofern es vorher anständig lektoriert wurde). Was fehlt? Ein bisschen mehr Recherche, ein paar mehr Kanten, echtes Drama und eine große Portion Realität.

Bewertung

Cassandra Winter: Der schottische Geist | CreateSpace | 978-1517097837 | 228 Seiten | 2,99 Euro (E-Book)

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