Klappentext: Schon bei ihrer Ankunft auf Sizilien fühlt sich Rosa, als wäre sie in einen alten Film geraten – der Chauffeur, der ihre zufällige Reisebekanntschaft Alessandro am Flughafen erwartet; der heruntergekommene Palazzo ihrer Tante; und dann die Gerüchte um zwei Mafiaclans, die seit Generationen erbittert gegeneinander kämpfen: die Alcantaras und die Carnevares, Rosas und Alessandros Familien. Trotzdem trifft sich Rosa weiterhin mit Alessandro. Seine kühle Anmut, seine animalische Eleganz faszinieren und verunsichern sie gleichermaßen. Doch in Alessandro ruht ein unheimliches Erbe, das nicht menschlich ist …
Rezension
In meinem „Ich lese“-Post war ich noch nicht besonders euphorisch, was dieses Buch betrifft. Der Einstieg war ganz okay. Mäßig spannend. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Die ersten 100 Seiten wurden von diesem „Ich lese ein neues Buch“-Gefühl begleitet und waren noch ganz interessant. Nur die Protagonistin Rosa war von Anfang an ein schwieriger Aspekt. Das Mädchen ist unglaublich abweisend und kalt. Allerdings habe ich mich zu keinem Zeitpunkt gefragt, warum sie das ist. Das lag daran, dass sie so unsympathisch war, dass ich mich gar nicht dafür interessiert habe, wieso sie wohl so drauf ist.
Danach kam der wirklich nervige Teil des Buchs. Die nächsten 200 Seiten waren einfach nur langweilig. Jede Spannung wird im Keim erstickt. Gepfeffert – aber leider im negativen Sinn – wurde das Ganze nur von Rosa …
Ich war sicher dreimal kurz davor, das Buch einfach wegzulegen, aber aus irgendeinem Grund wollte ich einfach nicht wahrhaben, dass es wirklich so schlecht ist. Kurzum: Ich habe mich durchgebissen und wurde wenigstens ein bisschen entschädigt. Auf den letzten 100 Seiten hat die Geschichte endlich die Fahrt aufgenommen, auf die ich die ganze Zeit gewartet hatte. Da war sie, die Spannung, und selbst Rosa hat es geschafft, sich zu einer erträglichen Figur zu wandeln.
Am Ende dieser wirklich kurzen Rezension – mehr will und kann ich dazu einfach nicht sagen – bleibt Folgendes: „Arkadien erwacht“ vermag es leider nicht, meine Erwartungen zu erfüllen. Die Idee der Geschichte verspricht spannende Stunden. Immer wenn es spannend wird, beendet der Autor diese Stelle aber so schnell, wie sie gekommen ist. Das Kapitel endet und das nächste beginnt meistens an einem völlig anderen Ort oder zu einem viel späteren Zeitpunkt. Die Protagonisten Rosa und Alessandro sind sehr konstruiert und unglaubwürdig. Sie haben wenig Tiefgang und konnten mich nicht überzeugen. Auch die anderen Figuren (u.a. Rosas Schwester Zoe und Tante Florinda, Alessandros Onkel Cesare und Cousin Tano, der „capo dei capi“ Salvatore Pantaleone) bleiben Schatten. Wie Springteufel tauchen sie plötzlich auf, geben zwei Worte zum Besten und sind wieder verschwunden. Am schlimmsten war wohl der Auftritt von Zoes Freundin Lilia. Die Figur taucht völlig unmotiviert mitten im Buch auf. Was auf den nächsten Seiten passiert, ist völlig sinnlos. Wenig später erkennt man dann doch den Zweck der Figur: Lilia bringt einen „Stein“ ins Rollen und wird sofort wieder aus der Geschichte gestrichen. Tut mir leid, aber ich glaube, dass diese Geschichte überhaupt nicht durchdacht wurde, bevor sie aufs Papier kam.
Einen positiven Aspekt möchte ich dennoch nennen. Der Schreibstil des Autors gefällt mir wirklich gut. In den doch recht häufigen Landschaftsbeschreibungen kommt er sehr gut zur Geltung. Nicht zu kompliziert oder blumig, dennoch ausgereift, vermag er, das Sizilien-Feeling sehr gut in Worte zu fassen.
Ein Scharren, dann die Laute von Pfoten, die vorwärts auf den Asphalt kippten. Leichtfüßige Schritte auf allen vieren, die wieder schneller wurden, aufholten und doch ein kurzes Stück hinter ihr blieben, gerade weit genug, dass er nicht in ihr Sichtfeld geriet. Aber sie spürte ihn, hörte ihn, roch ihn sogar.
Meyer: Arkadien erwacht, S.224
Sie erreichte das geborstene Ende der Straße, setzte sich mit baumelnden Beinen an die Kante, starrte aufgewühlt und bebend in die Tiefe.
Fazit
„Arkadien erwacht“ ist der Auftakt einer Trilogie. Gerade als solcher sollte er Biss haben und den Leser fesseln. Sympathische Figuren mit Tiefgang sind das A und O für so ein Buch, immerhin soll man sich ja sofort auf den zweiten und dritten Band stürzen. Leider schafft es dieses Buch für mich nicht, diesen Wunsch auszulösen. Wirklich spannend wird es erst auf den letzten 100 Seiten, was für ein 410-Seiten-Buch einfach zu schwach ist. Der Schreibstil ist zwar sehr schön, er vermag es aber nicht, über die Schwächen des Buchs hinwegzutrösten.
Bewertung
Kai Meyer: Arkadien erwacht | Carlsen Verlag | 410 Seiten | 978-3-551-58201-0 | 19,90 Euro
4 Comments
Klingt wie eine Mischung aus Romeo & Julia und Katzenmenschen, was ein vielversprechender Ansatz wäre. Und auch das Cover Artwork ist ja eigentlich sehr ansprechend – na mal sehen was ich von Meyer denke wenn ich mit Dschinnland durch bin, vielleicht riskier ich dann ja doch noch einen Blick auf Arkadien.
Hallo Gerd,
den Eindruck hatte ich auch und alles klingt ja auch sehr vielversprechend. Leider konnte mich das Buch aber so gar nicht mitreißen. Trotz schönem Schreibstil wirkte die Geschichte oft konstruiert und teilweise unlogisch. Mal sehen, was du dazu sagst. ;)
Liebe Grüße
Sandy