Tablet oder E-Book-Reader?
Diese Frage stand für mich ganz am Anfang, als ich überlegt habe, ob ich den Sprung ins E-Reading-Zeitalter wagen soll (oder will). Als E-Book-Verweigerer tendiert man erst mal zum Tablet, denn damit kann man am Ende wenigstens noch was anfangen, wenn man nicht liest. Das kann man aber mit nem Laptop auch und Apps kann mein Handy ebenfalls. Ums Lesen sollte es ja gehen, was ich am PC schlicht ablehne. Da gucke ich nämlich schon genug rein, lesen muss also nicht auch noch sein. An der Stelle steht der Reader doch ungeschlagen da, denn der hat ja eine ganz andere Technik dahinter. E-Ink heißt das Display und aussehen soll es wie eine Buchseite. Das kann ich übrigens mittlerweile bestätigen. Ich habe diese Entwicklung als genial befunden! ;) Doch nun bleibt immer noch die Frage aller Fragen:
E-Reader, aber welcher?
In der weiten, weiten Welt der E-Book-Reader, Testberichte, Pro-und-Kontra-Listen und Vorführvideos kann man sich verlieren. Nach tagelangen Steifzügen, bei denen ich mindesten dreimal gedacht habe: „Oh genau, das ist MEIN Reader! Der und kein anderer! – Mh, na ja, das klingt ja jetzt nicht so toll … – Hey! Das ist er! Der und kein anderer muss es sein …“, musste ich mir eingestehen, dass ich ohne einen Livetest keine vernünftige Entscheidung treffen konnte. Einige Eckpunkte standen aber fest:
- Möglichst günstig sollte er sein, denn ein Buch ist und bleibt ein Buch und ein E-Book nur eine Ausweichmöglichkeit.
- Kindle überzeugte mich nicht aufgrund der Formatbeschränkung, dennoch wollte ich dem Reader eine Chance im Test geben.
- Ein beleuchtetes Display wäre klasse, allerdings ist dies kaum mit meinen Preisvorstellungen vereinbar.
- Die Bedienung über Touch statt Tasten bevorzuge ich spontan.
Nach längerem Testberichte lesen und Testvideos gucken und der Überlegung zwischen Kobo, Tolino, Sony und Co. gefiel mir der Kobo Glo sehr gut. Er scheint eine passende Alternative zum Kindle Paperwhite zu sein und fällt in die gleiche Preisklasse. Beide sind für 130 Euro zu haben, besitzen ein beleuchtetes Display, die gleiche Größe, ähnliche Features.
Das einzige Problem lag für mich im Preis. Als (bisher) erklärter Gegner dieser Teufelstechnik sehe ich es gar nicht ein, 130 Euro für so ein Gerät zu bezahlen. Dann doch der Tolino Shine? Hier hätte ich mich aber wieder ungesehen festgelegt und das kam nun auch nicht infrage. Nach meinen – wirklich – tagelangen Überlegungen war ich genauso schlau wie vorher und musste akzeptieren, dass ich um den Praxistest nicht herumkomme. Ich entschied mich also, eine Preisklasse herabzusteigen. Für 70 Euro gabs sowohl Kindle 4 als auch Kobo Touch. Dass ich beide direkt bei Amazon bestellen konnte, war von Vorteil. Mit Prime war das Ganze dann nach etwas mehr als 24 Stunden erledigt.
Die Ausgangssituation
Kobo Touch | Kindle 4 | |
Preis | 70 Euro | 70 Euro |
Größe, Gewicht | 6‘‘, 185g | 6‘‘, 170g |
Display | E-Ink, keine Beleuchtung | E-Ink, keine Beleuchtung |
Bedienung | Touch | Tasten |
Formate | EPUB, PDF und MOBI, PDF, JPEG, GIF, PNG, BMP und TIFF, TXT, HTML und RTF, CBZ und CBR | Kindle (AZW), TXT, PDF, ungeschützte MOBI, PRC nativ; HTML, DOC, DOCX, JPEG, GIF, PNG, BMP |
Speicher | 2 GB, erweiterbar mit 32GB Micro SD-Card | 2GB, nicht erweiterbar |
Akku | ca. 1 Monat | ca. 1 Monat |
Auf den ersten Blick hat der Kobo ein wenig die Nase vorn, denn er hat ein winziges bisschen mehr zu bieten: allem voran das Format EPUB und die Speichererweiterung. Laut Testberichten soll auch die Akkulaufzeit deutlich länger sein, als angegeben wurde.
Der Praxistest
Ein ganzes Wochenende konnte ich beide Reader ausgiebig testen. Haptisch nahmen sich beide Kandidaten nichts, beide liegen gut und sicher in der Hand. Dennoch fiel sehr schnell auf, dass der Kobo Fingerabdrücke anzieht wie ein Magnet. Kaum 10 Minuten in der Hand sah das Gerät aus, das wäre es schon drei Jahre in Benutzung. Das liegt am Material – eine Art rutschfeste Gummierung – wie auch immer man das nennt, ich bin ja Laie. ;) Der Kindle hingegen hat dieses nur auf der Rückseite und es nimmt die Fingerabdrücke nicht derart stark auf.
Der Geruch. Normalerweise achte ich nicht so stark auf so etwas, aber hier konnte ich nicht anders. Der Kobo hat die Nase vorn, und zwar wörtlich. Er riecht eigentlich nach gar nichts. Dies fällt aber nur auf, weil der Kindle unglaublich stinkt. Kaum aus der – sehr schicken – Verpackung heraus, dünstet er extrem unangenehm aus. Das ließ aber nach einigen Stunden nach. Heute ist davon nichts mehr zu spüren.
Das Display ist bei beiden Geräten gleich groß und beim Lesen nahezu identisch. Ich habe für den Test ein und dieselbe Leseprobe auf beide Reader geladen, sie so eingestellt, dass sie exakt die gleichen Textteile beim Umblättern anzeigen und dann immer nach ein paar Seiten gewechselt. Dadurch ließen sich beide sehr gut vergleichen. Beim Kobo fällt auf, dass man sie Seitenaktualisierung selbst einstellen kann. Spätestens nach 6 Seiten erscheint also dieses typische Flackern in Schwarz-Weiß. Beim Kindle hingehen kommt es bei jedem Umblättern. Eine Sache, die mich bei beiden unglaublich gestört hat. Aber das sind Reader, keine Bücher, und man muss sich damit anscheinend abfinden – zumindest in der Preisklasse. Zunächst dachte ich, dass das ständige Flackern nerviger wäre, tatsächlich war es dann aber beim Kobo unangenehmer. Dieser ist träger als der Kindle und so dauert es länger. Hinzu kommt der Gewöhnungsfaktor. Wenn es jedes Mal diesen Effekt gibt, gewöhnt man sich daran. Beim Kobo fällt es jedoch immer wieder neu auf. So ging es mir zumindest.
Die Bedienung ist bei beiden intuitiv, aber auf den ersten Blick beim Kobo angenehmer. Einfach da drücken, wo man hinwill. Allerdings kann es so auch mal passieren, dass man ungewollt blättert, denn die Ränder der Reader sind nicht ganz so breit. Zudem fällt hier sehr die Trägheit des Geräts auf. Nicht immer reagiert es beim Drücken und teilweise setzt es die Befehle langsam um. Beim Kindle ist die Bedienung durch die Tasten ziemlich antiquiert, fast schon rückschrittlich im Zeitalter von Smartphone und Tablets. Wer allerdings sein altes Handy und SMS schreiben ohne Worterkennung mochte, wird hier seine Freude haben! ;) Negativ wirkt sich das eher bei Notizen im Buch aus, was dann schon ziemlich lange dauert. Das Umblättern über die Seitentasten finde ich hingegen perfekt.
Das Lesen ist auf beiden Readern durch das besondere Display sehr angenehm, man hat überhaupt nicht den Eindruck, auf ein elektronisches Gerät zu schauen. Bei den Leseeinstellungen hat der Kobo die bessere Auswahl. Man kann sich zwischen 10 Schriftarten und 24 Schriftgrößen entscheiden. Außerdem kann man auch die Breite der Seitenränder einstellen. Beim Kindle gibt es keine solche Vielfalt. Man kann bei Schriftart, Zeilenabstand und Wörter pro Zeile je zwischen 3 Möglichkeiten wählen. Außerdem kann man die Ausrichtung anpassen. Allerdings kamen mir diese Einstellungsmöglichkeiten bei beiden Geräten doch eher wie eine sinnlose Spielerei vor. Die Voreinstellungen sind zum Leser sehr gut geeignet. Bilder* werden auch sehr schön wiedergegeben. Die fehlende Beleuchtung kann man übrigens bei beiden durch die passende Schutzhülle mit Leselampe ausgleichen. Kostenpunkt: 10-35 Euro, je nach Hersteller.
*Meine Empfehlung: Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ mit original Illustrationen als kostenloser Klassiker im Kindle-Shop erhältlich!
Der Buchkauf gestaltet sich von der Bedienung her gleich, bei beiden Readern ist ein Hersteller-Shop eingebaut. Beim Kindle kam der Vorteil hinzu, dass ich bereits einige E-Books bei Amazon gekauft habe und sich diese in meiner Kindle-App für den PC befinden. Da man beide Reader per Wlan (und USB) verbinden kann, hatte ich sofort Zugriff auf diese E-Books. Sie befinden sich im Ordner „Archiv“ und können sofort auf das Kindle übertragen werden. Auch der Shop ist sehr übersichtlich, der Download geht fix und die Kindle-Leihbibliothek ist ein tolles Feature für Prime-Kunden. Alles in allem konnte ich mit dem Kindle sofort loslegen, hatte tonnenweise kostenlose deutsche E-Books zur Verfügung oder eben die Möglichkeit auzuleihen. Beim Kobo hat es leider eine ganze Zeit gedauert, bis ich den Lesetest machen konnte. Die Auswahl ist doch eher beschränkt, ich wollte nämlich unheimlich gern etwas auf Deutsch. Nach einer guten halben Stunde Rumdrücken auf dem Reader, was sich als nervig herausstellte, weil der Zugriff über Wlan doch recht langsam war, wechselte ich zum Notebook. Auch hier kann man den Kobo-Shop aufrufen und das gewünschte E-Book an den Reader senden lassen – genau wie beim Kindle. Allerdings führten Links hier auch oft ins Leere oder mussten mehrfach aufgerufen werden, bis man mal was zu sehen bekam.
Das ganz große No-Go gabs dann aber nach wenigen Stunden vom Kobo. Der Gute blieb nämlich hängen, und zwar so richtig. Alles Knöpfchendrücken (es gibt ja nur zwei) brachte gar nichts und so musste ich per aufgebogener Büroklammer die Reset-Taste bemühen. Das geht für mich gar nicht. Wenn so was schon nach derart kurzer Zeit passiert, muss ich dann immer ne Büroklammer am Schlüsselbund haben? Für den Fall der Fälle? Nein, danke!
Fazit
Kindle kam für mich ursprünglich aufgrund des Format-Diktats nicht infrage. Ich will mir weder vorschreiben lassen, wo ich meine Bücher kaufe, noch wo meine E-Books. Bei so was werde ich zickig. ;) Aber ich habe mich überzeugen lassen. Der Kindle bleibt, der Kobo geht wieder. Beide Geräte sind sich von den technischen Voraussetzungen und dem Preis sehr ähnlich. Dennoch hatte ich mit dem Kindle nicht nur schnelleren Lesespaß, sondern auch die bessere Auswahl. Die Statistik-Apps des Kobos (hier nicht weiter besprochen) ist zwar ganz nett und würde auch dem kleinen Kindle guttun, aber solche Spielereien kann man gern auch mit dem Handy* haben – das hat man ja eh immer dabei. Das große No-Go des Kobos fällt umso schwerer ins Gewicht, da ich sicher eher unterwegs auf den Reader zurückgreifen will, wo man vielleicht nicht immer das Passende hat, um das Problem zu lösen. Ein Hängenbleiben nach so kurzer Bedienzeit ist absolut inakzeptabel. Last but not least war das persönliche Feeling und der Spaß am Kindle einfach sehr viel größer. Das umständliche und zeitraubende E-Book-Suchen beim Kobo war mir schon zu viel Aufwand.
*Beispielsweise die Readmill-App ReadTracker für Android
Kobo Touch | Kindle 4 | |
Preis/Leistung | + | ++ |
Shop | – | ++ |
Display | + | + |
Bedienung | + | + |
Material | + | ++ |
Formate | ++ | + |
Lesespaß und Bauchgefühl | + | ++ |
Software-Stabilität | — | ++ |
Der Sieger: Mein E-Reader ist der Kindle
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8 Comments
Hallo Sandy,
müsste ich nochmal die Entscheidung zwischen Tablet oder eReader treffen, würde ich mir ein Tablet anschaffen.
Hintergrund ist der ständige Konflikt zwischen Kindle eBooks und normalen ePubs, sowie die Unfähigkeit aller eReader, Comics und Mangas annehmbar darzustellen. Außerdem fände ich es angenehmer das Gerät direkt zum Surfen zu benutzen, wenn man beispielsweise ein Wort nachschlagen möchte oder ein wenig ausspannen will. Es gibt zwar integrierte Übersetzer, aber seien wir ehrlich, wer nutzt diese Funktion schon?
Mit dem Kindle von Amazon hast du einen verlässlichen Anbieter gewählt, unterliegst allerdings den Richtlinien des Herstellers. Für den normalen Benutzer dürfte dies aber kein Manko sein, weil der mit dem bestehenden Angebot vollends zufrieden ist und auch sein kann.
Um nur mal ein paar Gedanken dazuzuspinnen ^^
Liebe Grüße
Marvin
Hallo Marvin,
danke für den Kommentar. Ich gebe dir recht. Das Format-Diktat hat mich selbst bei Amazon so sehr gestört, dass ich es zickig abgelehnt habe. Ich denke, da sollte man sich auch nach dem eigenen Kaufverhalten richten. Meine Überlegung dazu war: Wo kaufe ich meine neuen Bücher zu 90%? Bei Amazon. Wieso sollte ich meine E-Books also gegebenenfalls woanders kaufen? Nur aus Trotz? Das wäre ja Quatsch. Das hat mich persönlich überzeugt, das Diktat anzunehmen. ;)
Comics und Mangas spielen für mich persönlich keine große Rolle, darum habe ich sie nich mit einbezogen. Hier scheint ein Tablet aber schon allein wegen der Farbe besser geeignet zu sein.
Liebe Grüße
Sandy
Ich habe den Kobo Touch und den Kindle Touch. Den Kobo belade ich ausschließlich am PC, was wohl auch daran liegt, dass ich ihn vornehmlich für die Onleihe brauche. Das „Einkaufen“ mit dem Kindle finde ich auch sehr, sehr komfortabel. Als Vorteil vom Kobo empfinde ich die Einstellung, mit links umblättern zu können, was den meisten allerdings wahrscheinlich völlig egal ist. :-)
Ich mag beide Reader und kann mit beiden gut umgehen und lesen. Der Kindle ist haptisch tatsächlich angenehmer, der Kobo meiner Meinung nach vielseitiger.
Liebe Grüße aus dem Tintenhain
Mona
Ich hab einen Kindle Keyboard und ich liebe ihn heiß :) Ich bin nämlich keine Liebhaberin von Touchscreens. Ich hab sogar noch ein Tastenhandy. Somit fiel mir die Bedienung nicht wirklich schwer. Den Kindle hab ich jetzt seit vielen Jahren und er läuft und läuft und läuft…
Ich hab zwar auch ein Tablet mit Kindle App, aber darauf zu lesen käme nicht in die Tüte. Das ist einfach nicht das Selbe. Die einzigen Bücher die ich mir darauf anschau sind Kochbücher. Zum Glück hab ich das Tablet nicht als Lesegerät gekauft. Und selbst für dieses hab ich ein Tastaturdock weil mich diese Tipperei am Touchscreen nervt lol.
Hallo Darklittle,
danke für deinen Kommentar! Das Schreiben auf dem einfachen Kindle (das ja auch kein Touchscreen hat) ist wirklich ätzend, hier ist die Alternative mit dem Keybord sehr empfehlenswert. Wenn man – wie ich – aber nicht so viel in die Bücher reinschreibt bzw. lieber normale Bücher liest, reich das kleine Kindle aber allemal aus.
Liebe Grüße
Sandy
Hallo Sandy,
Ich nutz die Schreibfunktion auch so gut wie nie, also denk ich, dass mir das Keyboard lediglich beim Anlegen von Ordnern ein wenig abgehen würde. Aber das wär locker zu verschmerzen. :)
Liebe Grüße,
Darklittle