Die Existenz von Vampiren, Feen und anderen Paranormalen ist längst kein Geheimnis mehr. Doch ist es ihnen verboten, sich ohne die Begleitung des ihnen zugeteilten Delegierten in der Öffentlichkeit zu bewegen. Ausgerechnet bei der warmherzigen Light versagt jedoch das raffinierte Auswahlsystem: Ihr erster Paranormaler ist der rebellische und entgegen aller Regeln männliche Dämon Dante. Und schon bald muss sie sich fragen, ob sie ihn vor der Menschheit oder sich selbst vor ihm schützen muss … (Klappentext)
Rezension
❧ Was wäre, wenn …
… Menschen nicht mehr die Einzigen sind? ☙
Seit vor 30 Jahren ein wahrer Medienhype um Vampire entstanden war, sind diese enttarnt und mit ihnen wurde die Existenz von vielen anderen paranormalen Wesen bewiesen. Lykanthropen, Nixen, Elfen, Dämonen und viele mehr. Die Zahl einiger dieser Wesen wurde durch jahrhundertelange Verfolgung bereits so dezimiert, dass sie heute unter Artenschutz stehen. Die Menschen haben auch erkannt, dass eine Integration in ihre Gesellschaft unumgänglich ist. Das System der Delegation, das jeweils einen Menschen zum Betreuer eines Wesens zuordnet, wurde ins Leben gerufen. So ist zumindest die Ausgangssituation in Laura Kneidls Erstling „Light & Darkness“.
❧ … das System versagt? ☙
Viele Jahre hat sich Light bereits darauf vorbereitet, die Delegierte eines Wesens zu werden, denn ihr Ziel ist es, die bestrebte Integration der Rassen voranzutreiben. Nun steht ihre erste Delegation bevor und sie ist schon mächtig aufgeregt. Dann passiert jedoch etwas Unerwartetes: Durch einen Eingabefehler ordnet ihr das System ein männliches Wesen zu, was eigentlich nach Gesetzeslage nicht möglich ist. Aber wie die Menschen so sind: ohne Bürokratie geht gar nichts und so muss sie Dante eben mit nach Hause nehmen, bis der Fehler entdeckt wird und das Revisionsverfahren abgeschlossen werden kann. Egal, wie blöd die Situation nun ist, für die nächsten Wochen sind Light und Dante ein Team. Wenn er doch wenigstens kein Dämon wäre! Die sind nämlich nicht nur besonders selten, sondern auch besonders schwierig.
„Könntest du bitte deine Taschen ausleeren“, sagte der Wachmann, der in seiner blauen Uniform vor ihr stand. Lights Blick glitt zu Dante, dessen Mundwinkel amüsiert zuckten. Sie stellte ihre Tasche auf den Boden und ballte die Hände zu Fäusten. Wie konnte er ihr das antun, nach allem, was sie für ihn getan hatte?
– Laura Kneidl: Light & Darkness, Position 801/4771
In dieser Geschichte steht die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten im Mittelpunkt und in so einem Fall spielt natürlich die Figurengestaltung auch über die beiden Hauptpersonen hinaus eine wichtige Rolle. Diesen Punkt hat die Autorin sehr gut gemeistert. Man spürt sofort die liebevolle Figurengestaltung und es wurde Wert darauf gelegt, komplexe Charaktere zu schaffen, die nicht nur nebeneinanderher agieren, sondern eng miteinander verflochten sind. Light ist – wie ihr Name schon vermuten lässt – ein wahrer Engel. Sie ist sehr verständnisvoll, vorsichtig, frei von Vorurteilen und nimmt ihre Aufgabe als Delegierte sehr ernst. Sie ist stark und steht hinter ihren Überzeugungen, zeigt aber auch immer mal wieder Schwäche und lässt sich von Dante bevormunden. Das tut ihr aber keinen Abbruch, sondern unterstreicht eher ihre Persönlichkeit. Und immerhin ist sie eben auch erst ein 17-jähriges Mädchen, das noch nie vor einer solchen Aufgabe stand, Verantwortung für ein Wesen zu übernehmen. Sie muss erst Erfahrungen sammeln und in ihre neue Rolle hineinwachsen.
❧ … zwei wie Hund und Katze … ☙
Obwohl man als Leser ziemlich genau weiß, wohin diese Geschichte führen wird, lässt die Autorin gerade Dante oft sehr unvorhersehbar agieren. Das hat mir sehr gut gefallen. Zu Beginn ist er ziemlich störrisch und rebellisch, lässt aber auch hin und wieder positive Züge durchblicken. Da er aber nun ein Dämon ist, können sich weder Figuren noch Leser sicher sein, was in seinem Verhalten denn nun wirklich so gemeint ist oder ob er nur zu seinem Vorteil handelt. Um dieses Glatteis aufrechtzuerhalten, lässt die Autorin diesen Charakter doch einige wirklich gemeine Dinge tun und sagen. Besonders schockiert hat mich (ich nenne es mal) die „Tagebuchgeschichte“. Besonders die Reaktion war nach dem Motto „Herz rausreißen und aufessen“. Ich fand es großartig. Gerade solche drastischen Handlungen fesseln den Leser an das Buch, den nun will man umso mehr wissen, was denn hinter allem steckt und wie sich diese Geschichte (und die Beziehung zwischen Light und Dante) noch weiter entwickelt.
❧ … nun zusammenarbeiten müssen? ☙
Bei den Figuren bleibt die Autorin aber nicht stehen. Man erkennt deutlich, dass auch Wert darauf gelegt wurde, die gesellschaftlichen Konventionen widerzuspiegeln. Immer wieder fließen Bemerkungen ein, es gibt natürlich Konflikte zwischen Menschen und Wesen und nicht jeder ist zufrieden mit dem Status quo. Auf beiden Seiten gibt es Widerstandsgruppen, die nicht gerade zimperlich vorgehen. Morde und Anschläge stehen an der Tagesordnung. Auch das Delegiertensystem hat einige offensichtliche Mängel. Gerade die extreme Bevormundung der Wesen durch das System muss unweigerlich in einem Aufstand resultieren. Bei der Lektüre habe ich mich des Öfteren gefragt, wieso das anscheinend schon so lange so glattläuft. Die Andeutung, die Konfliktpunkte politisch zu lösen, finde ich sehr gut. Das Buch riecht somit durchaus nach einer Fortsetzung. In diesem Falle würde dieser gesellschaftliche Konflikt sicher im Mittelpunkt stehen. Würde man hier vielleicht mit mehr Handlungssträngen arbeiten, könnte man der Geschichte die bisher noch etwas mangelnde Komplexität verleihen. Auch eine detailierter beschriebene Umgebung oder ein paar außergewöhnliche Schauplätze wären wünschenswert.
Wie ich schon früher geschrieben hatte, finde ich es wirklich spitze, dass man mit impress ein Imprint geschaffen hat, dass E-Books exklusiv veröffentlicht und somit auch jungen deutschen Autorinnen und Autoren eine Chance gibt, unter einem großen Namen zu veröffentlichen. Leider kommt beim Lesen aber auch immer wieder die Frage auf, ob man vielleicht daher auch weniger Sorgfalt walten lässt, weil es ja „nur“ ein E-Book ist. Zumindest dieses E-Book weist doch auffällig viele Fehler auf, was ich wirklich schade fand.
Fazit
Mit „Light & Darkness“ hat Laura Kneidl einen richtigen Page Turner vorgelegt, dessen Stärke eindeutig auf den Figuren liegt. Die junge Autorin zeigt mit ihrem Erstling, dass sie durchaus das Zeug zu einer guten Schriftstellerin hat, lediglich ein bisschen Feinschliff fehlt. Wer auf „Jugendromantasy“ ohne Kitsch steht, ist hier genau richtig, und auch ihre nächsten Werke sollten darum auf alle Fälle Beachtung finden. Auf meiner Leseliste landet sie garantiert!
Bewertung
Laura Kneidl: Light & Darkness I impress I 403 Seiten I 978-3-646-60028-5 I 3,99 Euro
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