Verborgene Schätze

{Verborgene Schätze} September 2015

Es geht mit großen Schritten auf den Herbst zu. Juhu! Ich freue mich richtig. Goldene Tage, die nicht so unerträglich heiß sind. Schaurige Stürme, die übers Land fegen, während wir es uns mit Tee und Büchern auf dem Sofa bequem machen und hin und wieder dem Prasseln und Klopfen der Regentropfen an der Fensterscheibe lauschen. Hach, das wird so toll! Wer für die kommenden Lesestunden noch Bücher braucht, die nicht längst *hüstel* „totgehypet“ sind, ist bei unseren Verborgenen Schätzen genau richtig. Wir hoffen, euch inspirieren zu können.

Sandys verborgener Schatz
„Das tickende Herz“ von Rebecca Wild

Rezension | Das tickende Herz | Rebecca Wild | Romance | Romantasy | Fantasy | Steampunk | Piraten | tintenmeerDie junge Chloey ist lebenslustig, geschickt im Umgang mit Mechanik und total verliebt in ihren Freund Elliot. Als die Geschichte beginnt, ist das alles aber Vergangenheit. Vor zwei Jahren hatte sich das Leben des jungen Mädchens vollkommen geändert. Heute ist sie Clock und hat ein mechanisches Herz, das wie ein Uhrwerk tickt. Das Schlimmste aber ist, dass sie seit sie dieses Herz hat, nichts mehr fühlen kann. Weder Liebe, Verlangen, Genuss oder Freude noch Schmerz, Trauer oder Bedauern. Ihr Leben ist leer. Selbst ein Zuhause hat sie nicht mehr, von dort war sie vor einer drohenden Verheiratung geflogen. Nun arbeitet sie auf einem Luftschiff. Hier begegnet sie auch Hawk, einem Luftpiraten, und in seiner Nähe geschieht das Undenkbare. Clocks Gefühle erwachen wieder. Von Freude über Angst bis zum Zorn.

Als ich gelesen habe, worum es geht, musste ich gleich an Die Mechanik des Herzens von Mathias Malzieu denken und davon war ich nicht so begeistert. Trotzdem wollte ich dieser Geschichte eine Chance geben. Gott sei Dank! Denn Clock konnte mich als Figur sofort für sich einnehmen. Ich mochte sie gleich sehr gern und finde es ganz toll, wie die Autorin es immer wieder schafft, ihre Gefühlswelt im wahren Sinne erblühen und verwelken zu lassen.

Denn irgendwo tief in ihr drin, in dem Federgehäuse ihres Herzens, versteckt zwischen Zahnrädern und Getrieben, flüsterte eine Stimme, dass ein Kuss sie noch nie so aufgewühlt hatte.
Auch nicht bei Elliot.
Panik schnürte ihre Kehle zu. Clock war es nicht gewöhnt, sich mit Gefühlen herumschlagen zu müssen. Gefühle waren Chloeys Sache.
Tick. Tack. Tick. Tick. Tack.
War sie aus dem Takt?

– Rebecca Wild: Das tickende Herz, S.111

Protagonist Hawk ist Luftpirat, magisch veranlagt und einfach eine coole Sau. In Sachen Sarkasmus und schlagfertige Antworten steht er Clock in nichts nach. Ich habe mich mit den beiden wirklich gut amüsiert, denn sie sind lebendig, harmonieren zusammen toll und ihr Schicksal interessiert einen einfach.

Clock und Hawk tragen die Geschichte, die zwar nicht völlig vorhersehbar ist, aber auch keine überraschenden Wendungen bereithält. Das macht aber nichts, denn die Autorin bietet hier eine klasse Mischung aus Spannung, Humor und gefühlvollen Szenen. Langweilig wird es bestimmt nicht. Das Besondere an der Geschichte ist der Steampunk-Anteil – ist ja klar: Luftschiffe, tickende Uhrwerkherzen, schwebende Städte in den Wolken und Maschinenfabriken.

Ich finde, wer auf der Suche nach ein paar schönen (Steampunk) Romantasy-Stunden ist, sollte bei diesem Buch einen Blick riskieren. Mir hat es ganz viel Spaß gemacht. Ich bin echt froh, dass ich – wieder einmal total zufällig – über dieses Buch von Rebecca Wild gestolpert bin und werde sie ganz sicher im Auge behalten. Zumal in den nächsten Monaten bei ihr so einige Veröffentlichungen anstehen.

Die Autorin freut sich sicher über einen Besuch ihrer Homepage.

Kristinas verborgener Schatz
„Aus sich hinaus“ von Florian Tietgen

Benedikt lässt sich Zeit, sehr viel Zeit, bevor er antwortet: „Du musst dich nicht schämen. Ganz bestimmt nicht für Filme, die du gerne siehst, für Musik, die du gerne hörst, oder Bücher, die du gerne liest.“ So ein Satz lässt sich mit einem Stück Salamipizza wirklich gut schlucken. Er lässt sich mit einem Schluck Alsterwasser gut wegspülen. Sätze haben keinen Geschmack. Man kann sie schlucken, ohne sie weiter in sich wirken zu lassen. Kann man? „Du musst dich bei mir für gar nichts schämen.“ Wenn Benedikt wüsste.

– Florian Tietgen: Aus sich hinaus …, Seite 148

Rezension | Aus sich hinaus | Florian Tietgen | Kurzgeschichten | Erzählungen | Coming out | Schule | Familie | Liebe | tintenmeer

Ich lese ja gern Bücher abseits des Mainstreams, weil für mich solche Geschichten spannender, überraschender und tiefgründiger sind – mit dem gewissen Etwas. Das werde ich jetzt auch öfter tun, weil mich die immer gleichen Handlungsabläufe in Genre-Büchern so langsam langweilen. Ich bin also auf der Mission „Suche nach dem Besonderen“ – und das habe ich mit meinem September-Schatz schon mal gefunden. :)

Die Sammlung enthält fünf Kurzgeschichten (davon zwei längere und drei kürzere) zum Thema Coming Out. Außerdem beschreibt der Autor die damit verbundenen Probleme z. B. in der Familie und in der Schule. Das wird jedes Mal sehr unterschiedlich verpackt und man merkt schnell, dass dahinter meist noch viel mehr steckt, als man auf den ersten Blick ahnt … Ich bin übrigens durch die wortgewaltige und begeisterte Rezi von den In Flagrantis (Tilly) darauf aufmerksam geworden: KLICK. Danke Tilly! :D

Die Storys haben mich sehr berührt, ich war kurzzeitig sogar den Tränen nah, hab sie aber tapfer verdrängt. Sie sind hochemotional (dabei aber NICHT KITSCHIG!). Melancholisch wie ein schwermütiges Lied. Und oft traurig. Trotzdem schwingt auch immer ein Hauch Hoffnung und Versöhnung in den Geschichten mit. Sodass man sie mit einem guten Gefühl abschließen kann.

Besonders hervorheben muss ich den wundervollen Schreibstil. So etwas Großartiges liest man selten. Wirklich ganz ganz großes Kino! Er ist schmerzhaft schön, verdammt authentisch, zutiefst berührend und schockierend. Florian Tietgen beschönigt nichts und taucht ganz tief in die Köpfe der Charaktere ein. Sie leben und ich bin sicher, es gibt sie irgendwo da draußen!

Die Geschichten sind außerdem clever aufgebaut – der Mann weiß, was er tut. Es gibt ein paar Zeitsprünge und oft überraschende Wendungen, die mich mit offenem Mund zurückließen, so fassungslos war ich. Endlich mal ein Autor, der sich etwas traut! Halleluja! :)

Mein Fazit: Zum Seufzen und Sterben schön. *hach* Diese Geschichten gehen trotz ihrer Kürze tief unter die Haut und ins Herz! Und setzen sich dort für immer fest. Ich bin geflasht worden und empfehle das Buch allen Liebhabern von gefühlsechten, tief berührenden Geschichten.

Zum Stöbern die Homepage des Autors.

Eure
Sandy & Kristina

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1 Comment

  • Reply {Books about} 310 romantische Bücher zum Valentinstag - Tintenmeer 14. Februar 2018 at 8:00

    […] Das tickende Herz (Rebecca Wild) […]

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