Für die Sommerferien hat die quirlige Studentin Kristina große Pläne: Sie will an einem wichtigen Kunstwettbewerb teilnehmen und sich dabei auf keinen Fall von irgendwelchen Männern ablenken lassen. Dummerweise wählt sie als Kulisse für eine ihrer Kunstperformances ausgerechnet das Café, in dem Alex arbeitet. Der Typ mit den indigoblauen Augen verdreht ihr nicht nur den Kopf, sondern verpasst ihr beinahe ein Schleudertrauma – nie zuvor hat sich Kris von jemandem so stark angezogen und so hart zurückgewiesen gefühlt. Regeln scheinen in Alex‘ Welt nur zu existieren, um gebrochen zu werden, und er ist ständig auf der Jagd nach dem nächsten Adrenalinstoß. Als es Kris endlich gelingt, hinter seine Fassade zu blicken, wird ihr klar: Das alles ist für Alex viel mehr als ein Spiel … (Klappentext)
Rezension
Oh je, wie fange ich diese Rezension am besten an? Was schreibt man über ein Buch, das einen so zwiespältig zurückgelassen hat? Ein Buch von einer meiner absoluten Lieblingsautorinnen, von der ich bisher fast jede Geschichte geliebt habe? Ein Buch, in das die sympathische Autorin ihr ganzes Herz hineingesteckt hat, aber es bei mir einfach nicht 100-prozentig ankam? Bei dem in der Leserunde alle begeistert waren und ich deshalb anfing, an meinem eigenen Geschmack zu zweifeln? Schwierig, schwierig. Aber ich stelle mich der Herausforderung …
Zunächst mal: Ich liebe die Bücher von Kira Gembri und das, was jetzt kommt, ist Meckern auf höherem Niveau, weil ich die Geschichte automatisch mit ihren anderen Werken verglichen habe. Jedenfalls konnte ich nicht nein sagen, als sie mich zu einer Vorab-Leserunde ihres neuesten Werks „Wir beide in Schwarz-Weiß“ eingeladen hat. Voller Tatendrang stürzte ich mich ins Lesen … Und wurde recht schnell ernüchtert, weil mir der Einstieg ein bisschen zu hastig voranging.
Die Kapitel werden abwechselnd aus der Sicht von Kris und Alex erzählt und lesen sich grundsätzlich sehr kurzweilig und angenehm. Doch die kurzen Kapitel und abrupten Szenenwechsel katapultierten mich immer zu früh aus einer tollen Szene heraus. Deshalb konnte ich nicht so tief eintauchen, wie ich das gerne wollte.
Kommen wir zu den Charakteren. Da mochte ich vor allem Alex und habe seine Sicht interessiert verfolgt. Ich fand ihn authentisch und gar nicht so „Bad Boy“-mäßig wie erwartet. Das war einerseits gut und andererseits hat es mich ein wenig enttäuscht, weil ich so gern einen richtigen „Bad Boy“ gehabt hätte, der erst abweisend ist und am Ende bekehrt wird. Aber das ist Alex für mich nicht. Er geht ziemlich offen und humorvoll auf Kris zu und irgendwie verstehen sich die beiden auf Anhieb. Die Chemie stimmte, nur hätte ich mir da etwas mehr Kribbeln und Herzklopfen gewünscht. Es wirkt eher freundschaftlich, wie sie miteinander umgehen. Die Annäherung ging so sehr mit Volldampf voran, dass ich mich von der Lovestory etwas überfahren fühlte. Ich hatte einfach andere Erwartungen und dachte, dass Alex es Kris etwas schwerer machen würde, ihn zu mögen. Und dass Kris ihm länger die kalte Schulter zeigt …
Kris´ Sicht habe ich auch gerne gelesen, nur leider blieb sie mir seltsam fremd. Ich habe ihr eher von außen zugesehen, statt in ihre Gedankenwelt einzutauchen. Sie wirkt distanziert und wenig emotional und blieb etwas blass – trotz ihres bunten Kleidungsstils und ihrer flippigen Hobbys. Sympathisch war sie mir und ich fand es spannend, dass sie mal eine etwas andere Protagonistin war, kein Mauerblümchen und keine Prinzessin, die erst noch von ihrem Prinzen erobert werden muss. Danke dafür – das war mutig! Aber wie gesagt hat es trotzdem nicht „Klick“ gemacht zwischen meiner Namensvetterin und mir. Mir sind da „grüblerische“ Charaktere wie Lea und Nia aus Kiras anderen Büchern irgendwie näher.
Nichtsdestotrotz gibt es ein paar schöne, tiefsinnige Gespräche zwischen Kris und Alex, bei dem sie sich dem anderen öffnen und mich an ihrer Vergangenheit teilhaben lassen. Das war wirklich schön zu lesen. Am beeindruckendsten fand ich die Szene beim Abendessen mit Kris´ Eltern aus der Sicht von Alex. Da war ich ganz bei ihm und hab mitgefiebert, was er als nächstes sagt, und ihn gedanklich angeschrien: Tu´s nicht! Die Szene hat mich berührt mit ihren vielen Andeutungen, versteckten Botschaften, unbequemen Wahrheiten und einem unschönen Verlauf für alle Beteiligten … Da hab ich auch gemerkt, dass ich Alex Sicht lieber lese, als die von Kris. Seltsamerweise ist das meistens so mit den männlichen Charakteren. :) Ich hab Alex trotz seines „arschigen“ Verhaltens und seiner Widersprüchlichkeit verstanden. Hier kam auch wieder das typische „Kira-Feeling“ auf, das all ihren Büchern zu eigen ist.
Und ein geniales Erlebnis für alle Leser von „Wenn du dich traust“. Es gibt ein Wiederlesen mit Jay, Lea und Flocke! Das war wirklich schön, denn man fühlt sich wie bei alten Freunden, es ist ein bisschen wie „nach Hause kommen“. :) Das mit der Parallelhandlung hat die Autorin übrigens richtig gut gemacht – es war wie ein kleiner Aha-Effekt. Schön war auch, dass man so erfährt, was nach dem Ende von Wddt mit den Charakteren passiert. Und bei den Nebencharaktere muss ich einen noch extra erwähnen, weil er einen Extrapreis verdient: Flocke, der sympathische, verpeilte Typ von nebenan mit dem Herz am rechten Fleck. Er bringt die besten Sprüche und genialsten Momente und ich LIEBE LIEBE LIEBE ihn! <3
Zum Schreibstil kann ich nur sagen, dass er wie gewohnt flüssig und unterhaltsam ist ohne umständliche Umschreibungen oder Infodump. Ich flog geradezu durch die Seiten. Leider hat er mich aber nicht so sehr beeindruckt wie in anderen Geschichten der Autorin und mich nicht ganz so tief ins Geschehen hineingezogen. Das hab ich auch daran gemerkt, dass ich diesmal nicht so viele wunderschöne Zitate markieren konnte wie in Wddt und „Ein Teil von uns“. Genial waren dafür aber wieder die Kapitelanfänge und Kapitelnamen. Bei Kris fängt immer alles mit einer Farbe an und bei Alex gibt es aus einem bestimmten Grund immer Superlative als erstes Wort. Sehr kreativ! Außerdem war es genial, wie hier der Titel des Buches im Buch erwähnt wurde. Das habe ich schon bei ihren anderen Büchern geliebt und es ist immer ein schönes „Easter Egg“. :)
Storytechnisch geht alles, wie schon gesagt, furchtbar schnell und bescherte mir deshalb leider kein Herzklopfen. Es gab bis auf wenige Ausnahmen und das Ende keine großartigen Höhen und Tiefen. Die Konflikte blieben fast die ganze Zeit an der Oberfläche und werden teilweise ohne (Er)klärung einfach fallen gelassen. Das fand ich etwas unbefriedigend.
Dafür war das Kunstthema verdammt interessant! Die Performance-Kunst, der Kris nachgeht, ist spannend, skurril und außergewöhnlich. Wieder mal Hut ab für den Mut der Autorin, das so in ein Jugendbuch einzubauen! Leider gab es aber nicht viele Performance-Kunst-Experimente und so war es mit dieser vielversprechenden Idee zu schnell wieder vorbei. Ich hätte gern noch viel mehr darüber gelesen. In dem Zusammenhang hätte ich übrigens auch gern mehr über Kris´ interessante Homepage erfahren oder was noch so alles in ihrem Notizbuch stand.
Ein bisschen fehlte mir wohl auch der Kira-typische Humor. Er blitzte nur ab und zu auf. Richtig breit grinsen konnte ich trotzdem, aber normalerweise kugele ich mich bei ihren Büchern geradezu. :D Auch von den Verweisen auf die aktuelle Popkultur hätte ich mir noch mehr gewünscht – sie waren vorhanden, aber recht spärlich gesät … Dabei liebe ich gerade diese beiden Punkte so an ihren Büchern!
Zum Ende wollte ich dann keine Lesepause mehr einlegen und habe förmlich an meinem Reader geklebt, denn die Geschichte hat nochmal ordentlich Fahrt aufgenommen! Auch wie die Fäden zusammengeführt wurden, war gelungen. Nur ging mir auch hier wieder alles ZU schnell. Irgendwie fühlte ich mich nach dem Lesen wie vom Zug überrollt. Schön fand ich, zu sehen, wie es mit Lea und Jay weitergeht und überhaupt, dass die Charaktere aus Wddt so viel „Screentime“ hatten.
Trotz all der Kritik liebe ich Kira Gembris Schreibstil nach wie vor und es ist alles in allem eine schöne Geschichte, die sich lohnt zu lesen. Ein dickes Lob gibt´s für die Themen, die angesprochen werden. Die Performance-Kunst und eine andere Sache, die Alex betrifft (quasi sein großes Geheimnis) und die ich leider nicht erwähnen kann, ohne zu spoilern. ;) Ich finde es sehr mutig von der Autorin, dass sie dazu recherchiert und es so überzeugend rübergebracht hat. Auch das Nachwort dazu ist sehr wichtig – unbedingt lesen!
Fazit
Ich mochte die Charaktere und habe die Geschichte gerne gelesen, aber es hat wohl einfach nicht „Klick“ gemacht zwischen uns. Es fehlte mir das Besondere, das gewisse Etwas, der „Wow-Wow-Faktor“, der Kira Gembris Büchern sonst immer zu eigen ist. Das ist total schade, aber ich kann nun mal nichts an meinen Empfindungen ändern. Trotzdem bleibe ich eine treue Leserin und hoffe, dass mich ihr nächstes Buch wieder mehr überzeugen kann! :)
Bewertung
Ich danke Kira Gembri für die Bereitstellung eines Leseexemplars und die Begleitung der Leserunde!
Wir beide in Schwarz-Weiß | Amazon Media EU S.à r.l. | 300 Seiten | E-Book | 2,99 Euro
Eine Rezension, die mir auch aus dem Herzen spricht, findet ihr bei den In Flagrantis.
6 Comments
Hey,
es ist immer schwer zu rezensieren wenn man plötzlich ein Werk einer Lieblingsautorin oder eines Lieblingsautors, nicht so gelungen findet wie die anderen Werke.
Das passiert schon mal und ich finde, Du hat es ein Deiner Rezension sehr gut argumentiert :)
Liebe Grüße
Ela
Hey Ela!
Ja, das war wirklich schwer… :( Vor allem denkt man dann, dass es eher an einem selbst liegt… -.-
Ui danke, das freut mich – dann hat sich die stundenlange Grübelei und das Feilen an der Rezi ja gelohnt! :)
Ganz ganz liebe Grüße zurück!
[…] fasse ich mich kurz, weil ihr alles weitere in meiner ausführlichen Rezension nachlesen könnt. Leider hat mich diese Geschichte von der zauberhaften Kira Gembri etwas […]
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