Die Welt wird erschüttert von einer mysteriösen Krankheit, die schon Zehntausende Opfer gefordert hat. Die Menschen haben Angst und die Medikamente werden knapp. Zu dieser Zeit erwacht Noah in Berlin. Er hat keine Ahnung, wer er ist, woher er kommt oder warum er hier ist. Alles, was er weiß, ist, dass er nach einer Schussverletzung von dem Obdachlosen Oskar gefunden und gesund gepflegt worden ist. Die Suche nach Antworten entwickelt sich schnell zu einen Lauf um Noahs Leben, und es wird klar, dass er irgendwas mit dem zu tun hat, was der Welt gerade widerfährt.
Rezension
Thriller-Rezensionen gibt es hier im Tintenmeer zwar nicht so oft, nachdem mich Sebastian Fitzek aber schon ein paarmal für seine Geschichten begeistern konnte, hatte ich wenig Zweifel an diesem hier. Was soll ich sagen? Ein schlechtes Buch ist „Noah“ ganz sicher nicht, ein Pageturner war es für mich aber leider auch nicht.
Dies ist kein Thriller, wie ich ihn von Fitzek bisher gelesen habe. Der Autor scheint hiermit einen Ausflug in Richtung Wissenschaftsthriller à la Frank Schätzing oder Marc Elsberg machen zu wollen. Zugegeben, da liegt die Latte nicht gerade tief. In Fitzeks Buch steuert die Menschheit gerade auf eine humanitäre Katastrophe zu. Eine unbekannte, tödliche Krankheit hat schon Tausende weltweit dahingerafft. Außerdem steht das Gerücht im Raum, dass eine geheime Organisation all das absichtlich in Gang gebracht hat. Das klingt einfach spannend! Und dann haben wir da noch Noah, unseren Protagonisten, der an Amnesie leidet. Seine Perspektive ist also recht unzuverlässig. Mit ihm zusammen dem Ganzen auf den Grund gehen zu können? Na, wenn das nicht vielversprechend klingt! Dachte ich.
Leider, leider konnte die Geschichte meine Erwartungen aber nicht so ganz erfüllen. Dafür fehlt ihr definitiv die Komplexität. Es gibt zwar verschiedene Erzählstränge, die über die sehr eingeschränkte Perspektive von Noah (und Oskar) hinausgehen, doch will sich trotzdem kein stimmiges Bild ergeben. Insbesondere ein Strang, der in einem Slum in Manila (Philippinen) spielt, unterbricht immer wieder die Geschichte. Hier kämpft eine junge Mutter um das Leben ihres verhungernden Säuglings. Es ist eine ergreifenden Geschichte, aber sie konnte sich für mich nicht harmonisch ins Gesamtkonzept einfügen. Als einziges Beispiel für Millionen Schicksale fällt es aus dem Rahmen der Geschichte, sodass ich mich immer wieder fragte: Wozu jetzt dieser Abschnitt, diese Unterbrechung des Geschehens?
Der Grundgedanke, den der Autor in „Noah“ aufgreift, ist kein einfacher: Die Menschheit vermehrt sich immer mehr, verbraucht Ressourcen, schadet dem Planten und arbeitet letztlich an der eigenen Vernichtung. Die Lösung aller Probleme wäre es, gäbe es weniger Menschen. Gut gefallen hat mir, dass der Autor für das Pro und Contra dieses Dilemmas eine Balance schaffen konnte. Und auch, dass er in seinem Nachwort noch einmal darauf eingegangen ist. Wie mit dieser Thematik umgegangen wurde, hat für mich einen großen Reiz am Buch ausgemacht.
Die Figuren – sowohl die Protagonisten als auch die Antagonisten – waren wie von Fitzek gewohnt interessante Charaktere, die ihre eigenen Geschichten mitbrachten. Besonders gefallen hat mir die Einführung des „Adam Altmann“ – ein Highlight-Moment in der Geschichte, bei der der Autor endlich bewiesen hat, was er kann. Das war so schön absurd! Schade, dass es nicht noch mehr solcher Momente im Buch gegeben hat. Es hätte etwas mehr Leben hineingebracht. Der Autor hat sich immer besonders viel Mühe (und Seiten) gemacht mit der Einführung der Figuren, was ich superinteressant fand. Doch dann kam nicht mehr viel: keine nennenswerte Entwicklung, keine weiteren Details – außer bei Altmann.
Die anfangs erhoffte Spannung entpuppte sich im Laufe der Geschichte leider eher als laues Lüftchen. Es gab alles in allem zu wenig Mysteriöses, zu wenig gelüftete Geheimnisse oder aufgeworfene Fragen, die mich bei der Stange halten konnten. Was hingegen viel da war, war Action. Die meiste Zeit über ist Noah einfach auf der Flucht und weder er noch ich wussten, wieso überhaupt. Viel Rätselspaß gab das Buch leider nicht her, obwohl durchaus Potenziale vorhanden waren. Der Autor hätte durchaus mehr an den Spannungsschrauben drehen können! Stattdessen wurde vieles schnell und mit wenig Raffinesse aufgelöst.
Fazit
„Noah“ ist für mich leider nicht der beste Thriller von Sebastian Fitzek, obwohl das Grundthema des überbevölkerten Planeten sehr reizvoll war. Der Geschichte fehlt es an interessanten psychologischen Komponenten, an Geheimnissen und unerwarteten Wendungen. Dafür gibt es viel Action. Wer Letzteres gern mag, wird in dem Buch einen soliden Thriller finden.
Bewertung
Sebastian Fitzek: Noah | 558 Seiten | Bastei Lübbe | 978-3-404-17167-5 | 9,99 Euro
1 Comment
[…] habe ich „Noah“ von Sebastian Fitzek zu Ende gelesen. Leider konnte mich dieser Thriller nicht so packen wie die anderen Bücher, die […]