Ich bin der Seegang, der Wind und der Sturm …
Das Tintenmeer ist mein Reich. Ich habe es erschaffen und es folgt all meinen Befehlen. Ohne meine Stimme ist es taub. Ohne meine Augen ist es blind. Ohne meine Hand bleibt es unberührt. Ohne mich ist es verloren.
Aber genug Melodramatik für den Moment! In Wahrheit bin ich keine Königin so schön und schrecklich wie der Morgen und die Nacht; und das Tintenmeer beherrscht mich ebenso, wie ich es beherrsche. Mein Eintritt in die Welt der Blogs war mehr als spontan. Man könnte sagen, ich bin morgens aufgewacht und habe angefangen.
Bibliodies und bibliodas bin ich schon immer mehr oder weniger. Mit Märchenmond haben mich Wolfgang und Heike Hohlbein aber für immer in eine andere Welt entführt. Das ist jetzt 20 Jahre her. Studiert habe ich später Literatur und Philosophie. Immer mit Ernst, aber auch mit dem Kopf in den Wolken. Danach bin ich bei einem Kinder- und Jugendbuchverlag gelandet; war Praktikantin, Volontärin, Lektorin – in dieser Reihenfolge. Dann wollte ich raus und wurde Redakteurin bei einer Fachzeitschrift, die überhaupt nichts mit den Dingen zu tun hat, die ich privat lese – und das war perfekt! Ein weiterer Wechsel brachte mich zu einer neuen Position im Marketing, zur Technik-Kommunikation und zum besten Unternehmen mit den besten Kolleginnen und Kollegen aller Zeiten. Ihr seht, ich bin glücklich. :)
In meinem Leben habe ich schon die unterschiedlichstens Genres und Autoren gelesen. Von den alten Philosophen, großen Dichtern über Sachbücher zu Persönlichkeitsentwicklung bis zur Belletristik. Es gibt kaum etwas, das ich nicht probiert hätte. 4 Bücherregale beherbergt die Wohnung und den einen oder anderen Stapel hier und da.
Wenn ich heute allerdings in mein Bücheregal schaue, bin ich überrascht, wie viel Jugendbücher sich darin befinden. Auch eine Abteilung für Kinder- und Bilderbücher gibt es. Der Fantasy bin ich seit meinen ersten Lese-Schritten treu geblieben. Wolfgang Hohlbein behielt sein Regalbrett, aber es kommt nichts mehr hinzu. Tolkien fühlt sich zwischen Jules Verne und Märchen- und Kochbüchern pudelwohl. Weiter oben begrüßen sich J. R. Ward und Lara Adrian mit shake hands. Zwischen die Klassiker (Goethe, Brontë, Flaubert usw.) hat sich Philip Pullman gemogelt. Aus Ermangelung eines Schreins muss der große Walter Moers ebenso mit dem schnöden Regalbrett vorliebnehmen wie seine Kollegen Christoph Marzi und Kai Meyer. Jennifer Benkau, Justin Cronin und Siri Lindbergs Nachbarschaft beruht auf dem Format. Und so geht es munter weiter.
11 Jahren lang begleitete mich mein Kater Loki auf dieser Reise, bevor ich ihn Ende 2018 gehen lassen musste. Nun lebt Ari bei uns, aber ich werdet es nie für möglich halten, wie er zu uns kam. Es muss Schicksal gewesen sein, dass der Kleine – nur eine Woche nach Lokis Tod – in einer kalten, verschneiten Winternacht bei uns auftauchte und verzweifelt ein Zuhause suchte. Und er sieht Loki zum Verwechseln ähnlich …
Warum das Tintenmeer seinen Namen trägt
Eine Seite im Internet, die mehr und mehr mit den eigenen Gedanken, Meinungen und Bildern gefüllt wird, ist für den Schreibenden sehr persönlich und besonders. Der Name ist darum einer, wenn nicht der wichtigste Grundbaustein; das Detail, über das man vielleicht am allermeisten nachdenkt. So auch ich. Ich habe Tage gebraucht, bis ich ihn gefunden hatte. Eines stand aber von Anfang an fest: Mein Blog würde auf gar keinen Fall einen englischen Namen bekommen.
Man könnte meinen, ein Meer von Büchern, ein „mehr“ von Tinte, das ist naheliegend für einen Blog, der sich hauptsächlich mit Büchern und dem Lesen befasst. In Wirklichkeit war es aber das Wasser, das mich zu diesem Namen geführt hat, genauer: das Wasser des Bodensees. Und weil der der größte See in Deutschland ist, habe ich ihn mal eben in den Status eines Meeres erhoben. Ich liebe Wasser. Wenn ich mich an einen beliebigen Ort wünschen könnte, dann würde ich mich immer ans Wasser wünschen; an die Klippen eines Meeres, an den Strand, an das Ufer eines Sees … was allerdings eine merkwürdige Vorliebe ist, da ich nicht sehr erpicht darauf bin, hineinzugehen. Ich bevorzuge hellblaue Schwimming Pools, bei denen ich bis zum Grund sehen kann.
Nach der letzten Seite
Wenn das letzte Blatt umgedreht und die letzte Seite gelesen ist, kommt sie, diese unbeschreibliche Leere. Natürlich überfällt sie dich nicht nach jedem Buch, das du zu Hand nimmst. Das ist nicht nur eine Notwendigkeit, sondern ein Segen. Es sind nur die besonderen Bücher, die traumgleichen Geschichten, denen du dich nicht entziehen kannst, nicht einmal, wenn sie längst zu Ende geschrieben, zu Ende gelesen, ausgeträumt sind.
Sie haben dich umfangen, getrieben weiterzulesen, weiterzureisen in ihrer Welt. Sie haben dich unter Wasser gedrückt und nur für winzige Momente freigegeben, um Atem zu schöpfen, damit du nicht ertrinkst. Aber am Ende sind sie immer die Grausamsten. Die, die dich allein zurücklassen. Die, die du nie mehr vergisst, doch die sich schon nicht mehr an dich erinnern können, sobald du sie ins Regal zurückstellst.
Und am Ende ist da nur noch die Leere, die du nicht zu füllen vermagst, an die zu denken du dich fürchtest, nach der du dich zugleich sehnst. Doch lange, lange wird sie noch da sein, und keiner scheint es vergönnt zu sein, ihre Qual zu lindern. Bis eine andere Geschichte kommt und dich erlöst, nur einen Wimpernschlag lang …