Letzte Woche habe ich eine kleine Weltreise gemacht. Naja, gefühlt jedenfalls. Es ging vom Bodensee an der österreichischen Grenze in den hohen Norden nach Plön. Bergiges Allgäu getauscht gegen absolut plattes Land. Schon eine Woche vorher habe ich überlegt, was ich dafür wohl alles brauchen werde. Und als ich am Morgen der Reise meinen Trekking-Rucksack geschultert habe, kam mir der Gedanke, dass ich zumindest für den Weltuntergang vorbereitet war. Da würde es wohl auch für Plön reichen. Für sage und schreibe in Summe zwanzig Stunden Zugfahrt.
Am Abend zuvor stand die schwerste Entscheidung an: Welche Bücher sollen mit? Okay, im Nachhinein denke ich, es wäre klüger gewesen, einfach den E-Reader einzupacken. Aber an dem Abend, vor dem Bücherregal stehend, erschienen mir all die schönen Schätzchen viel attraktiver. Mein bücher-nerdiges Herz schlug schneller. Wieso überhaupt nur eines davon zurücklassen? Wer sollte das von mir verlangen? Wie sollte so eine Entscheidung überhaupt getroffen werden? Das ist doch wohl, als sollte man sich entscheiden, ob man lieber sein rechtes oder sein linkes Bein behalten wollte! Verrückt war das! Ja, genau, verrückt!
Das fand auch die zarte Stimme der Vernunft, die sich in dem Moment meldete. Und dann hatte sie zugegeben einen perfiden Vorschlag: „Nimm doch ein Buch mit, das du gern lesen möchtest, das aber bei der Entscheidung für das nächste zu lesende Buch sonst immer verloren hat.“ Zwanzig Stunden im Zug und kein Entkommen. Keine dumme Idee. „Sturmhöhe“ von Emily Bronte landete im Rucksack.
Nur noch einen kurzen Blick ins andere Bücherregal werfen. Was sollte schon passieren? Minuten später – ich hatte wohl einen kleinen Blackout – war mein Rucksack voll – mit Büchern. Die Stimme der Vernunft seufzte und unterband den Vorschlag des bücher-nerdigen Herzens, eben den Rollkoffer zu holen, statt den Rucksack zu nehmen. Oder besser gleich beides!
Zu guter Letzt gab es einen Kompromiss. Es gingen zwei Bücher mit auf die Reise. Mehr als genug, wie sich herausstellte. Denn auch wenn das Herz an den papierenen Seiten hängt, die so wunderbare Welten erschaffen können, kann es Horizont erweiternd sein, in der Realität zu bleiben. Die Landschaften draußen vorbeiziehen zu sehen und einfach Gespräche mit völlig Fremden zu führen. Eine kleine Weltreise ganz ohne Buch ist dann aber doch kaum vorstellbar. Und so werden Herz und Vernunft auch bei der nächsten Gelegenheit wieder miteinander ringen und sich am Ende einigen.
8 Comments
Was für ein wunderbarer Text.
Ich bin jetzt für 9 Wochen nach Frankfurt gezogen zur Berufsschule. Da ich zwischendurch nicht zu mir nach Hause fahre, musste ich mich auch entscheiden, welche Schätze mit dürfen.. ich habe tatsächlich nur 3 Bücher mitgenommen, weil wir hier auch viele Leseexemplare und so bekommen, aber die Entscheidung fiel wirklich nicht leicht.
Hach.
Liebst, Lotta
Hallo Lotta,
danke für deinen lieben Kommentar. :) Ich hab schon gehört, wen du auf der Berufsschule getroffen hast. Die Welt ist klein! xD
LG Sandy
Also eins muss ich jetzt wirklich mal sagen! Ich habe gestern Nacht und heute hier längere Zeit auf eurem Blog gestöbert und ich finde ihn einfach nur wundervoll! Ein ganz toller Blog <3 (heißt es das Blog, oder der Blog? Das weiß ich irgendwie nie :D)
Wenn ich weg fahre, in den Urlaub oder so, nehme ich meistens so drei bis fünf Bücher mit, je nachdem, wie lange ich weg bleibe und was ich so vorhabe. Einen eReader habe ich leider Gottes nicht. Irgendwann werde ich mir aber wohl auch noch einen anschaffen :D
Ganz liebe Grüße,
Medea
Hallo Medea,
ich freue mich sehr über dein Lob! <3 Das hört man gern. Ich sage übrigens immer der Blog. *g*
Ich hab zwar einen eReader, aber ehrlich gesagt sehe ich es nicht ein eBooks zu kaufen, die genauso teuer sind wie das gedruckte Buch. Da entscheide ich mich immer für das zweite. Daher fällt aber die Entscheidung, was ich mitnehme, immer schwer.
LG Sandy
Ich glaube das Problem mit dem Büchern hat jede Leseratte ^^ Vorallem, wenn es um eine so lange Bahnfahrt geht. Meistens verschätze ich mich da allerdings, ich liebe es nämlich auch einfach aus dem Fenster zu gucken und zu sehen, wie die Landschaft sich verändert :)
Liebe Grüße,
Lena
Hallo Lena,
da sagst du was Wahres. Am Ende gucke ich auch oft nur aus dem Fenster, weil das eben auch total spannend ist. Vor allem wenn man einmal quer durchs ganze Land von Süden nach Norden fährt. Da verändert sich doch einiges. ;)
LG Sandy
Ave,
das Auswählen-und-zuviel-einplanen-Problem kenne ich auch nur zu gut, obwohl ich noch nie in den Genuss einer 20-stündigen Zugfahrt gekommen bin. Zwar habe ich schonmal 17-18 Stunden in einem Bus verbracht, allerdings kann ich da kaum lesen, weswegen sich das Thema da erübrigt hatte.
Was (Zug-)Reisen betrifft, hat mir der eReader aber wirklich geholfen. Schließlich fällt es jetzt nicht mehr wortwörtlich ins Gewicht, wenn ich mal wieder zu viel Lesestoff einplane. ^^ Sonst habe ich immer viel zu viele oder ein viel zu dickes Buch eingepackt.
Liebe Grüße
Seitenfetzer
Ave :)
danke für deinen Kommentar. Im Bus könnte ich, glaube ich, auch nicht lesen – puh und 17-18 Stunden Busfahrt klingt für mich nach Alptraum! :) Im Auto bin ich öfter mal 5 Stunden (als Beifahrer). Lesen kann ich dabei aber auch nicht. Außerdem muss ich sagen, dass ich das immer etwas unhöflich finde.
LG Sandy