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{Rezension} Staub und Regenbogensplitter von Stella Delaney

13 Geschichten über die dunklen Facetten des Lebens – und all seine Farben.

Welche Farbe hat der Wahnsinn?
Wie weit würdest du gehen, um jemanden zu schützen, der dir viel bedeutet?
Wen würdest du wählen, wenn du dich zwischen deiner Familie und deiner großen Liebe entscheiden müsstest?

Ganz unvermittelt sind sie plötzlich da. Die schweren Fragen, die schmerzhaften Entscheidungen, die ausweglosen Situationen – die düsteren Momente im Leben.
Jeder kennt sie. Jeder fürchtet sie. Und jeder muss sich ihnen stellen.

Unterschiedliche Erzählungen – von Krimi bis (Queer) Romance, von Dystopie bis Fantasy – und sie alle haben eines gemeinsam: die Botschaft, dass es auch in den dunkelsten Momenten zumindest noch einen Funken Hoffnung gibt.

Stückchen vom Regenbogen im Grau. (Klappentext)

Rezension

Die sympathische und überaus talentierte Stella Delaney habe ich auf der Buch Berlin 2017 zum ersten Mal persönlich kennengelernt. Ich ließ mich sofort von ihrer Leidenschaft und ihrem Enthusiasmus anstecken, mit dem sie über ihre Kurzgeschichtensammlung „Staub und Regenbogensplitter“ sprach. Vorher hatte ich schon ein paar Storys von ihr in Anthologien gelesen (hauptsächlich Krimis) und mich jedes Mal in ihren Schreibstil verliebt. Da war klar, dass auch ihr erstes Self Publishing-Projekt in mein Regal wandern und natürlich gelesen werden musste. :)

Witzigerweise hat Sandy es zur gleichen Zeit gelesen. Sie war vor allem vom Schreibstil begeistert – ihre Kurzmeinung findet ihr im Lese-Logbuch Januar. Ich habe mich außerdem noch mit meiner Schwägerin zusammen getan, damit wir gemeinsam über die Geschichten diskutieren konnten. Und das war auch gut so, denn wir hatten ordentlich Redebedarf! Ein einfaches Konsumieren war hier nicht drin. ;) Wer, wie, wo, was genau, erkläre ich euch gleich.

Lasst mich erstmal von diesem Traumcover schwärmen. Wahnsinn, wie farbenfroh und düster und atemberaubend es aussieht! <3 12 Points for the Cover Designer, würde ich sagen! Der Klappentext hat mich ebenfalls überzeugt und neugierig auf die Geschichten gemacht. Er trifft den Kern der Sache perfekt und ich habe selten so ein stimmiges „Komplettpaket“ bei einer Kurzgeschichtensammlung gesehen.

Auch der Inhalt erfüllt die Erwartungen. Hier setzt sich das durchdachte Konzept fort, denn die Farben sind keinesfalls willkürlich angeordnet. Es beginnt mit der hellsten Farbe, Weiß und wandert über Gelb, Orange, Rot, zu den dunkleren Farben, um am Ende mit Schwarz und Bunt abzuschließen. Es sind viele verschiedene Genres vertreten, was für ordentlich Abwechslung sorgt. Von Drama über Romance, Queer, Dystopie und Fantasy bis Krimi ist alles dabei.

Die Farben sind ebenfalls gelungen eingebunden. In jeder Geschichte gibt es einen Gegenstand bzw. ein Symbol, das die jeweilige Farbe repräsentiert. Dieses ist immer unabdingbar für die Geschichte und man merkt, dass sich die Autorin viele Gedanken dazu gemacht hat. Im Gesamtbild sind alle Geschichten, wie die Aufmachung ja andeutet, ziemlich düster. Man sollte in der richtigen Stimmung sein und sich darauf einlassen, damit die Storys ihre volle Wirkung entfalten. Es ist also perfekt für den Winter und die dunkle Jahreszeit!

Ich habe übrigens nicht viele Geschichten hintereinander gelesen, meist nur zwei bis drei an einem Tag und das war auch gut so. Denn so konnte ich sie erstmal sacken lassen und über die ganzen Interpretationsmöglichkeiten nachdenken. Es gibt außerdem viele schöne Zitate, die ich markiert habe und wichtige Botschaften, über die es sich lohnt, einen Moment länger nachzudenken.

Stella Delaney ist ein wahres Chamäleon, was Erzählstile angeht. Sie schlüpft in verschiedene Rollen und je nach Protagonist ändert sich auch der Ton, was mich sehr beeindruckt hat. Ich ziehe meinen Hut vor ihrer Vielseitigkeit! Übrigens gab es keinen einzigen Ausfall, keine Story, bei der ich dachte: „Geht gar nicht“. Alle waren auf ihre eigene Weise wichtig und zu recht in der Anthologie vertreten.

Allerdings, und das fand ich total schade, fehlte mir bei fast allen Geschichten am Ende der Wow-Effekt, das Aha-Erlebnis, die überraschende Wendung, das gewisse Etwas, das mich umhaut. Vielleicht bin ich da etwas eigen, aber sowas erwarte ich einfach bei Kurzgeschichten. Bei vielen Storys merkt man, dass sie zu größeren Projekten gehören, und vielleicht war das das Problem. Denn oft fühlte es sich eher wie ein Prolog, ein Anfang an und endete so abrupt, dass ich dachte: „Nanu, wo ist denn der Rest der Geschichte, da muss doch noch was kommen?!“

Ich hätte bei jeder Story gern weitergelesen und habe mir aus der Not heraus mein eigenes Ende zusammen fantasiert. ^^ Das war von der Autorin auch so beabsichtigt, wie ich jetzt weiß. Sie hat bewusst viel Interpretationsspielraum gelassen, um den Leser nicht zu bevormunden, sodass man sich seine eigenen Gedanken machen kann. Das hat auf jeden Fall geklappt! :) Für mich persönlich blieb leider trotzdem ein etwas unbefriedigendes Gefühl zurück, weil einfach ZU VIELE Fragen unbeantwortet blieben …

Ursprünglich wollte ich auf jede Geschichte einzeln eingehen, aber das habe ich schnell verworfen. Zum Einen würde es zu viel verraten, weil die Storys ziemlich kurz und rätselhaft sind. Zum anderen wiederholten sich meine Notizen irgendwann und waren zu kryptisch, um hilfreich zu sein. Also lasst euch lieber überraschen! ;)

Meine Favoriten waren übrigens:

  • Weiß „Wie eine leere Leinwand“
  • Rot „Mehr als eine Lieblingsfarbe“
  • Türkis „Der perfekte Mord“
  • Grün „Fenster und Spiegel“ (hier hätte ich definitiv gerne die Fortsetzung!)
  • Grau „Vergebung“
  • Schwarz „Dunkelheit und Licht“

Diese Geschichten (interessanterweise hauptsächlich Romance/Dramen), haben mich berührt, beeindruckt und zum Nachdenken angeregt. Ich habe sogar ein paar Tränchen verdrückt … <3

Weniger anfangen konnte ich dagegen mit:

  • Orange „Durch den Nebel“
  • Violett „Auf der Suche“
  • Braun „Hinter der Tür“
  • Bunt „Die Maske fällt“

Diese Storys (hautpsächlich Fantasygeschichten) ließen mich eher ratlos zurück, weil sie zu viele Interpretationsmöglichkeiten und offene Enden boten. An sich kein Problem, aber meinen Geschmack traf das eben nicht ganz.

Fazit

Ein Streifzug durch verschiedene Genres, somit ist für jeden Geschmack etwas dabei: Romance, Queer, Drama, Dystopie, Fantasy, Krimi … Die Autorin hat einen sehr gefühlsbetonten, ausgereiften Schreibstil, der mich komplett gefangen nahm. Ich hatte sogar ein paar mal feuchte Augen und habe noch lange über einige Geschichten nachgedacht.

Leider blieben für meinen persönlichen Geschmack (und über den lässt sich ja bekanntlich nicht streiten ^^), am Ende zu viele Fragen offen und es fehlte mir einfach der Knall, der Wow-Effekt. Ich weiß aber, dass zu vielen Geschichten noch größere Projekte in Planung sind und die Autorin bewusst viel Interpretationsspielraum lassen wollte. Das Reinschnuppern hat mich jedenfalls so sehr beeindruckt, dass ich mich schon tierisch auf den ersten Roman (vielleicht die Dystopie zu „Grün“?) von Stella Delaney freue!

Ich empfehle die Kurzgeschichtensammlung allen Lesern, die auf besondere Geschichten stehen. Die gern mit- und weiterdenken, in einer düster-melancholischen und dennoch zart-hoffnungsvollen Stimmung versinken möchten. Die einen ausgereiften Schreibstil zu schätzen wissen, der auf den Punkt genau weiß, was er sagen wil. Prädikat: Lesenswert!

Bewertung

Stella Delaney: Staub und Regenbogensplitter | epubli | 160 Seiten | ISBN: 978-3745039238 | 7,99 Euro

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3 Comments

  • Reply {Geblubbel} Leipziger Buchmesse 2018 // Schneechaos, Schlamm und Schlafmangel - Tintenmeer 12. April 2018 at 18:07

    […] {Rezension} Staub und Regenbogensplitter von Stella Delaney […]

  • Reply {Lese-Logbuch} Kristinas Januar 2018 | Tintenmeer 21. Juni 2018 at 9:25

    […] uns austauschen konnten – ihre begeisterte Kurzmeinung findet ihr übrigens hier. Und meine Rezension hier. Mich haben die Geschichten vor allem wegen ihrer Vielfältigkeit beeindruckt. Es war fast jedes […]

  • Reply {Rezension} Das Leuchten am Rande des Abgrunds von Stella Delaney | Tintenmeer 13. Juli 2019 at 11:31

    […] Stella Delaney schreiben kann, weiß ich nicht erst seit sie für ihr Debüt „Staub und Regenbogensplitter“ den Skoutz-Award gewonnen hat. Zurecht, kann ich nur sagen, denn auch mich (und Sandy) begeisterte […]

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