Heute ist ein großartiger Tag, denn heute erscheint endlich „Hyde“, das neue, mysteriöse Jugendbuch von Antje Wagner. Der Klappentext verrät nicht sehr viel, außer dass das Buch die Geschichte von Katrina erzählt. Sie ist mit ihrer Schwester und ihrem Vater in Hyde aufgewachsen, das nun nicht mehr existiert. Welche Geheimnisse in ihrer Vergangenheit liegen und was mit Hyde passiert ist, erfahren wir nach und nach, während Katrina ein altes Haus renoviert, und sich das Alltägliche mit dem Unheimlichen verflechtet.
„Es gibt nur einen Weg aus der Angst. – Der führt mittendurch.“
Da ich Hyde selbst schon durchsuchten durfte, kann ich euch sagen: Es ist gut, dass der Klappentext nicht mehr verrät, denn es macht riesigen Spaß, diese Geschichte selbst nach und nach aufzudecken. Trotzdem möchte ich euch das Buch anteasern – ohne Spoiler natürlich – und habe Antje eingeladen, uns ein bisschen mehr zu verraten …
Warum ich „Hyde“ von Antje Wagner lesen muss(te)
- Antje ist nicht nur eine super-sympathische Person, sondern – viel wichtiger – eine wirklich brillante Autorin. Dass das andere auch so sehen, beweisen ihre ganzen Literaturpreise. ;)
- Ihre Bücher haben immer etwas Dunkles, Abgründiges, Faszinierendes, das es zu entdecken gilt.
- Apropos entdecken: An Mysteriösem und Rätselspaß mangelt es auch im neuen Buch nicht (siehe unten).
- Nachdem ich die Leseprobe des ersten Kapitels gelesen hatte, war mein Kopf schon voll von den wildesten Theorien.
- Antje ist eine Garantin für Bücher, die einen zum Nachdenken bringen. Das sind die besten.
- Es gibt bei ihr oft nicht „die Lösung“ – sondern viele verschiedenen Lesarten.
- Es gibt eine Playlist zum Buch bei Spotify – wie toll ist das denn??
- Mit ihren Antworten auf meine Fragen hat Antje perfide, wie sie ist, so viele Spannungsknöpfchen gedrückt, dass ich es kaum noch ausgehalten hab. Weiterlesen also auf eigene Gefahr. :)
Drei Fragen an die Autorin
Antje, worum geht es in „Hyde“? Wie viel kannst du überhaupt verraten? Der Klappentext ist ja schon sehr kryptisch.
Ja, das ist er. *g*
Das Problem bei „Hyde“ ist, dass man unheimlich schnell zu viel verrät. Das ganze Buch ist wie ein großes Rätselspiel.
Das beginnt schon mit dem Titel, der gleich mehrere Bedeutungsräume aufmacht. Wenn man den Titel laut liest, denkt man vielleicht zuerst an „to hide“, was ja „verstecken“ oder „verbergen“ heißt. Wenn man das Wort still liest, fällt einem vielleicht „Dr. Jekyll & Mr. Hyde“ ein, eine sehr böse Geschichte. Es gibt noch eine dritte Bedeutung. Im Altenglischen bedeutet „Hyd“ (ohne das „e“) „Haut“. Wenn man den Roman liest, wird man merken, dass tatsächlich alle drei Bedeutungen des Titel wichtig sind.
Es gibt an jeder Ecke dieses Buches Geheimnisse, lose Fäden und eben: Rätselhaftes. „Hyde“ funktioniert dabei ein bisschen wie ein Puzzle. Man sammelt Teilchen für Teilchen, und ganz langsam erschließt sich eine erstaunliche, ich würde sogar sagen: eine verstörende Wahrheit.
Ein Puzzleteilchen vorab verraten zu bekommen, könnte einem einfach die Lesefreude verkleinern, die zu einem großem Teil eben auch auf der Kombinierfreude, auf dem „Mitmachen“ der Leser*innen beruht.
So kann ich dir hier und jetzt z.B. sagen, dass unsere Hauptfigur auf eine absolut ungewöhnliche Weise aufgewachsen ist, so wie niemand (wirklich niemand) sonst in Deutschland, aber ich darf dir noch nicht sagen, auf welche Weise. Klingt kryptisch? Ja, in der Tat. *g*
Verrate uns etwas Besonderes über das Buch – vielleicht aus seiner Entstehung oder hat es für dich eine besondere Bedeutung? Oder: Gibt es ein besonderes Erlebnis, das du während des Schreibens hattest? Ein unerwartetes Ereignis, einen Aha-Moment oder eine amüsante Anekdote?
Eine Anekdote?
Hm … Vielleicht das: Ich habe die ganze Zeit während des Schreiben gefroren. Tatsache. Ich hab immer mit einer Wolldecke geschrieben. Wenn man das Buch liest, versteht man vielleicht, wieso.
Gibt es etwas Besonderes, fragst du, etwas aus seiner Entstehung. Weißt du, es gibt lustigerweise gleich mehrere Gründe für seine Entstehung. Ich hab hier nur mal drei:
DAS SURVIVAL-THEMA
Ich liebe Survivalbücher. Schon als Kind habe ich die total gerne gelesen. Romane, die in brachialer Natur spielen, die viel mehr ist als nur eine „Dekoration“ für die Geschichte. Wenn Romanfiguren mit einer Natur umgehen müssen, die sich dir mit Zähnen und Klauen entgegenwirft – das hat mich schon immer fasziniert.
Ich hatte schon sehr lange den Wunsch, „eine Art“ Survivalroman zu schreiben, der aber in Deutschland spielt. Geht das überhaupt? Üblicherweise spielen solche Romane ja dort, wo es weitläufige wilde Gegenden gibt, wo man also lange, lange Zeit nicht auf Zivilisation trifft: in den großen Wäldern Kanadas, in Sibirien, in der Arktis.
In Deutschland gibt es solche Gegenden einfach nicht. Survival in Deutschland – das geht also nicht! Oder doch? Ich hab es mit „Hyde“ einfach mal versucht! :-D
DIE FIGUR
Katrina ist die Hauptfigur in „Hyde“ und sie ist ein Charakter, der mich stark interessiert hat. Weißt du, als ich anfing mit dem Roman, sagten mir verschiedene Menschen: „Also – das kannst du doch nicht machen, Antje, v.a. nicht in einem Jugendbuch! Du brauchst eine ganz andere Hauptfigur. Eine, mit der man sich identifizieren kann. Mit Katrina geht das nicht. Die Leser*innen werden sie nicht mögen. Sie ist einfach zu verstörend. Viel zu anders als normal.“
Fakt ist aber: Ich war nicht trotz, sondern wegen ihres Andersseins so fasziniert von ihr. Ich habe ein großes Interesse an Figuren, die nicht glatt und problemfrei, nicht so integriert sind wie die meisten von uns selbst. Mich interessieren Menschen beim Schreiben, die auf verschiedene Weisen gebrochen sind. Die einen vielleicht sogar erschrecken.
Ich persönlich glaube, dass man sich mit jeder Figur, egal, wie versehrt, wie düster und „anders“ sie ist, identifizieren kann, solange sie es schafft, die eigene Seele zu berühren. Und ich wünschte mir sehr, dass mir das mit Katrina gelungen ist. Sie ist zwar total fremd, aber ein Herzensmensch, und sie hat eine absolut ungewöhnliche Geschichte, der man, glaube ich, zuhören sollte, weil es um ganz bestimmte menschliche Werte darin geht, die uns alle angehen.
DIE DRAMATURGIE
Ich hab ein echtes Faible für sogenannte „Mindfuck-Bücher“ (und Filme). Sarah Waters’ historischer Krimi „Solange du lügst“ gehört in diese Gruppe. Ein tolles Buch! Unbedingt lesenswert! Sie führt uns etwa den halben Roman lang auf eine bestimmte Fährte, und dann – Peng: ein Plottwist, und alles, was wir zu wissen geglaubt haben, ist auf den Kopf gestellt. Ich war total geplättet, als ich das Buch las, und wollte so was auch können!
An Filmen gibt es in dem Bereich z.B. „Psycho“, „Shutter Island“ oder „The Sixth Sense“ und zahlreiche mehr – da führt ein Plottwist dann dazu, dass wir die echte Geschichte erst in diesem Moment begreifen.
Mit „Hyde“ wollte ich so was versuchen. Auf eine stille, langsame und atmosphärische Art aber. Doch ich habe nicht nur einen Plottwist in dem Buch, sondern zwei. Das war ein ziemlich verrücktes Arbeiten.
Und zu guter Letzt kannst du unsere Leser*innen noch mal so richtig motivieren: Warum müssen wir „Hyde“ unbedingt lesen?
Ich weiß nicht, ob man es lesen „muss“. Aber denen, die vielleicht neugierig geworden sind, kann ich versprechen: Sie werden eine zwar stille, aber wirklich ungewöhnliche Geschichte lesen. Nicht nur inhaltlich, auch erzähltechnisch bietet der Roman etwas, was es in Deutschland, glaube ich, im Moment so noch nicht gibt.
Das kann dann entweder begeistern – wenn man eben Bücher mag, die ungewohnte Wege einschlagen – oder nicht. Ich hoffe natürlich auf das erste.
Liebe Antje, vielen Dank für diesen tiefen Einblick in deine neue Geschichte!
Buchinfos
Erscheinungstermin: 16.07.2018
Preis: 14,99 €
Seitenzahl: 408
Format: Gebunden
Verlag: Beltz & Gelberg
ISBN: 978-3-407-75435-6
Hinterlasst Spuren, nicht nur Staub!
Ich hoffe, Antje und ich konnten euch „Hyde“ so richtig schmackhaft machen. Steht es schon auf eurer Wunschliste? Habt ihr es schon gelesen? Was denkt ihr?
Ein kleiner Tipp noch zum Schluss: Zum Buch gibt es auch eine Webseite mit weiteren Infos zu Hyde – darunter auch die Playlist und ein megacooles Instagram-Gewinnspiel. Wo wir schon bei den Superlativen waren: Ich glaube, so einen coolen Gewinn gab es in Deutschland auch noch nicht … ;)
2 Comments
Ich finde das Buch, auch ohne es gelesen zu haben, wunderbar. Das Cover, die Handlung…ich muss es auch noch lesen und habe mich über die Rezi sehr gefreut.
Neri, Leselaunen
[…] in „Hyde“ gehen würde. Der Klappentext ist sehr kryptisch und auch Antje Wagner blieb in unserem Gespräch zum Buch-Release vage. Ich war mir zunächst nicht einmal sicher, in welcher Zeit es spielen […]